HIROstory 1934 – 1945: In dunkler Zeit

1934 übernahm der Studienrat Dr. Eduard Hessinger (1884-1972) die Leitung der Firma. Hierbei spielten vermutlich auch familiäre Bindungen eine Rolle, denn Dr. Hessinger hatte Else Vogt (1892-1953), die Tochter von Fritz Vogt, dem Mitgründer der Ravensberger Eisenhütte, geheiratet und trat bereits 1917 als Komplementär in die Ravensberger Eisenhütte KG ein.

 

Die Ertragszahlen der Firma, die seit Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 kontinuierlich bis 1933 gesunken waren, stagnierten 1933-1936 bei Null. Die erst 1927 eröffnete Zweigniederlassung in Bochum wurde 1933 wieder geschlossen. Durch die forcierte Aufrüstungspolitik der Nationalsozialisten, die 1936 mit der Verkündung des so genannten zweiten Vierjahresplans einsetzte, änderte sich die wirtschaftliche Situation für Hillenkötter & Ronsieck grundsätzlich. Seit 1937 stiegen die Ertragszahlen der Firma deutlich und erreichten 1941 das Niveau des Geschäftsjahres 1929. Diese Entwicklung ist auch an den Mitarbeiterzahlen ablesbar: Waren 1933 noch nur 48 Mitarbeiter für Hillenkötter & Ronsieck tätig, so beschäftigte das Unternehmen Ende der 1930er Jahre bereits wieder 80 Mitarbeiter.

Rüstungsaufträge spielten bei Hillenkötter & Ronsieck dabei aber nicht die Hauptrolle, in den 1930er und 1940er Jahren wurden vor allem seilbetriebene Lasten- und Personenaufzüge und Aufzüge für Gasometer gebaut. Darüber hinaus erreichte der Kranbau zwischen 1936 und 1943 gegenüber den vorangegangen Jahrzehnten deutlich erhöhte jährliche Produktionszahlen. Wichtigste Kunden in dieser Zeit waren: Zum einen verschiedene Heeresbauämter der Wehrmacht, die insgesamt 27 Krananlagen aus Bielefeld bezogen. Zum anderen die beiden bedeutendsten Dortmunder Bergbauunternehmen. Für die Hoesch AG wurden 1939-1942 acht Krananlagen gebaut, darunter zwei Krananlagen mit 15 t Tragkraft bei 27 m Spannweite. In den Jahren 1939-1941 wurden an den Dortmunder-Hörder-Hüttenverein neunzehn Krananlagen geliefert, darunter ein Gitterkran mit 20 t Tragkraft und 12 m Spannweite. Ausschließlich während des Zweiten Weltkriegs baute Hillenkötter & Ronsieck Kammertüren für Kokereiöfen. An der Rüstungswirtschaft war Hillenkötter & Ronsieck mit dem Bau von Lafetten für Kanonen und andere Geschütze beteiligt.

 

„Das war ja zu einer Zeit, da waren ja schon die Nazis an der Regierung und da wurde auch viel Wert auf Leibesertüchtigung gelegt. Dann hatten wir von der Firma je einmal in der Woche Frühsport. Im Sommer haben wir die Straße ausgenutzt, sind wir gelaufen, haben Freiübungen gemacht.“

„Im Krieg hatten sie die Lehre auf 3½ Jahre verkürzt. Als ich angefangen habe, da gab es im Monat 12 Reichsmark, im zweiten Lehrjahr, im ersten war’s noch weniger.“

Interview mit Walter Kassing, 23.1.2008

 

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Die Arbeiter von Hillenkötter & Ronsieck wurden als Metallfacharbeiter nicht so schnell zur Wehrmacht eingezogen wie Arbeiter aus weniger für die Rüstungswirtschaft relevanten Wirtschaftsbereichen. Da die deutsche Wehrmacht jedoch nach dem ausgebliebenen Sieg über die Sowjetunion ab 1942 verstärkt Soldaten und Rüstungsgüter benötigte, wurden die nun massenweise eingezogenen deutschen Arbeiter durch so genannte Fremdarbeiter ersetzt. Diese „Fremdarbeiter“ wurden unter Zwang zur Arbeit nach Deutschland gebracht. In Bielefeld waren bis September 1942 45 Lager für „Fremdarbeiter“ errichtet worden mit insgesamt 3400 Insassen. Auch bei Hillenkötter & Ronsieck mussten „Fremdarbeiter“ arbeiten. Auf dem Firmengelände wurde ein Lager errichtet, in dem ab Oktober 1942 31 Fremdarbeiter, alle aus der Ukraine, untergebracht waren.

 

Gasometer im Querschnitt

Für Gasometer wurden zwei Formen von Aufzügen benötigt: Wartungsplattformen, die an Seilen in der Mitte des Gasometers, je nach Stand des Gases, heruntergelassen werden konnten. Um zu diesen Aufzügen zu gelangen, kam an der Außenseite des Gasometers ein seilbetriebener Gerüstaufzug zum Einsatz.

Das Bild unten zeigt einen Ende der 1960er Jahre für Neapel und Rourkela (Indien) produzierten Innenaufzug mit 275 kg Nutzlast und einer automatischen Nachlaufsteuerung zur Anpassung an die Höhenlage des Gasdeckels.

 

Aufzug in einem Gasometer

 

Gasometer der Kokerei Nordstern in Gelsenkirchen

Rechts: Das Gasometer der Kokerei Nordstern in Gelsenkirchen mit Aufzügen von Hillenkötter & Ronsieck, 1938. Zu dieser Zeit mit 145 m höchster Gasometer der Welt, wurde er 1940 durch einen alliierten Luftangriff so stark beschädigt, dass er abgerissen werden musste.

Das Titelbild des Beitrags ganz oben zeigt einen Gepäckaufzug mit Stützkettenantrieb (Baujahr 1933) am Dortmund Hauptbahnhof. Stützkettenaufzüge wurden vor allem für Bahnanlagen gebaut. Die Maschine befand sich dabei unterhalb der Fahrkabine, die mit Bolzen an der umlaufenden Kette befestigt war.

Die Texte aus diesem Blogeintrag stammen aus dem Buch “111 Jahre Aufzugstechnik” von Martin Bockermann und Matthias Meyer.

 

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